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MEIN GEHEIMNISEs thront über allem. Es liegt allem zugrunde. Es ist die unvereinbare Vereinbarung, widerwillig unterzeichnet und beglaubigt durch das eigene Gewissen. Es taucht überall und zu jeder Zeit auf. Es schützt mich. Es hilft mir. Es verschafft mir Zeit. Es eröffnet mir eine ganze Palette an Möglichkeiten. Es garantiert meine Bewegungsfreiheit. Wenn ich diesen riesigen Katalog an Vorteilen betrachte, frage ich mich, warum ich mein Geheimnis und die daraus folgende Lüge nicht wertschätzen lerne. Warum fühlt es sich falsch an, trotz existenzsichernder Gründe, all den ehrlichen und offenen Menschen, denen ich begegne, ein Märchen aufzutischen? Es liegt wahrscheinlich nicht an der Lüge an sich, sondern vielmehr am Verschweigen der eigenen Person, an dem ständigen Filtern der eigenen Gedanken und an der heuchlerischen Anpassung des eigenen ethischen Kompasses an die Mehrheitsgesellschaft. Maxime wie Ehrlichkeit, Offenheit oder Vertrauen hinter sich lassen zu müssen, haben starke Auswirkungen auf neue soziale Beziehungen. Ich spüre in mir eine Grenze, die mir sagt "bis hierhin und nicht weiter". So bleibe ich, trotz neuen sozialen Beziehungen, im Grunde alleine.Über die Jahre hinweg habe ich gemerkt, dass das Gefühl der Einsamkeit, des inneren Alleine-Seins, die schwierigste Herausforderung in der Klandestinität ist. Denn sie ist kein konkretes Problem, dass ich mit etwas Anstrengung, oder mit klugen Ideen, lösen könnte. Solange ich mein Geheimnis hüten und all die ehrlichen und offenen Menschen, denen ich begegne, anlügen muss, solange bleibt dieses Gefühl bestehen. Und je mehr sich dieses Gefühl verfestigt, desto weniger Verbindung kann ich aufbauen, da ich die Grenze schon gezogen habe. Ich denke, alle, die für eine gewisse Zeit in der Klandestinität lebten, trieb dieses Gefühl der Einsamkeit früher oder später an einen Scheideweg: entweder hinschmeißen und zurückkehren, mit allen Konsequenzen; oder dieser Leere in sich drin auf die Spur gehen, um so vielleicht Wege zu finden, die äußere Bewegungsfreiheit durch innere Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten. Beide Abzweigungen sind schmerzhaft und alles andere als leicht. Für welche entscheide ich mich morgen? Auch das bleibt ein Geheimnis.PK ! ´÷hÒƒ ƒ manifest.rdf
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